Digitalisierung ist ja schön und gut – und neue Leitmedien sind keine Katastrophe. Aber Bildung hat im Social Web nicht gerade Hochkonjunktur, im Gegenteil. Beschleunigt Youtube die kollektive Verblödung? Ein Kommentar. VON DANIEL WOLF

 

Nach nicht einmal einem Jahr hat der WDR seinen YouTube-Kanal #3sechzich wieder eingemottet. Und mit ihm die Hoffnung, der von der Fernsehfahne gehenden „jungen Zielgruppe“ auf diesem Weg klammheimlich öffentlich-rechtlichen Journalismus unterjubeln zu können. Leider wollten am Schluss der Pilotphase nicht mal 7.000 Abonnenten die Nachrichten und Reportagen sehen – während sich für die Drogerie-Einkäufe der Youtuberinnen Bibi und Dagi fast fünf Millionen Abonnenten interessieren.

Nun betonen Youtube-Verfechter gerne, dass nicht alle Inhalte auf der Videoplattform dermaßen platt seien. Als Beleg führen sie etwa Florian Mundt alias LeFloid an, der doch vormache, dass politische Nachrichten und Youtube sich nicht ausschlössen. Nachrichten stimmt, allerdings nur in Verbindung mit reißerischen Videotiteln und knalligen Bildern. Also nicht gerade das, was landläufig unter Journalismus verstanden wird – auch wenn der hibbelige Käppiträger einmal die Kanzlerin interviewen durfte (#läuftbeidir).

Dabei hat, wer Kommentare postet wie die folgenden, offensichtlich Bildungsbedarf.

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Dass Jugendliche nicht dieselben Fernseh-Nachrichten gucken wollen wie Opa und Oma, ist logisch. Sie wollen auch keine Meldungen aus dem Radio und erst recht keine Zeitungen. Generell gefällt ihnen eigentlich nichts, was ihren Eltern und Großeltern gefällt – aus Prinzip. Das war schon immer so. Trotzdem hat es einen unguten Beigeschmack, wenn nur noch das konsumiert wird, was im Netz auftaucht (#digitalnatives und so). Denn hier kann nicht nur jeder Informationen zu allem finden. Hier kann auch jeder jeden Mist verbreiten. Wenn also immer mehr vorpubertäre Dumpfbirnen nicht lernen, hochwertigen Online-Journalismus von unseriösen Blogs zu unterscheiden, wenn Sozialisation primär über soziale Netzwerke und Videoportale passiert, dann wird es eng im Kopf.

Aber komplett verblöden werden diese Jugendlichen nur, wenn sie nicht auf Erwachsene treffen, die ihnen Spaß an Bildung vermitteln und ihnen den reflektierten Umgang mit Medien beibringen. Und zwar, ohne zu pauschalisieren oder mit Generationenklischees um sich zu schmeißen. Es bringt auch nichts, vom Sofa aus auf den Medienwandel zu schimpfen und die Digitalisierung wegen der Verdummung des Nachwuchses zu verteufeln – und dann im TV weiter Trash-TV zu gucken.

Wer nachmittags in der Glotze Scripted Reality konsumiert, kann seinen Kindern schlecht erzählen, dass Reisetagebücher, Shopping-Videos oder Schminktutorials auf Youtube nicht das Gelbe vom Ei sind. Wer sich am Dschungelcamp oder an Promi Big Brother aufgeilt, sollte sich mit Kritik an der Selbstinszenierung auf Plattformen wie Instagram oder Younow zurückhalten.

Und wer – wie der Autor – mit 13 noch mit Playmobil gespielt hat, darf sich nicht wundern, dass auch die Jugendlichen von heute in der Regel nicht nach Nachrichten lechzen, sondern lieber im Netz rumgammeln. Allerdings müssen Eltern und Lehrer ihnen beibringen, wie man Schleichwerbung auf Youtube erkennt. Oder schlecht recherchierte Nachrichten, egal in welchem Medium. Sie müssen ihnen den Wert von Datenschutz vermitteln und ihnen rechtzeitig klar machen, dass sie unter Umständen mit 25 peinlich finden, was sie mit 16 gepostet haben. Und dass es viel mehr gibt auf der Welt als Youtube.