Das Fernsehen stirbt. Die Jugend von heute guckt Youtube-Videos. Diese Sätze hört man immer wieder. Aber wie gehen junge Fernsehmacher mit dieser Aussicht um? Catiana Krapp sprach per Skype-Interview mit dem Moderator Jo Schück, der Sendungen für das ZDF produziert, und dem Reporter Mirko Drotschmann, der nebenbei eigene Youtube-Videos dreht. Ein Gespräch über den eigenen Konsum, schlechte Youtube-Imitationen und die Zukunft des Fernsehens. VON CATIANA KRAPP

 

Herr Schück, könnten Sie sich vorstellen, auch mal ein Video auf Youtube zu stellen?
Schück: Absolut. Momentan besteht aber kein Anlass, weil meine Inhalte sowieso auch auf Youtube landen. Da ist es natürlich mehr ein Ausspielkanal als ein eigenständiger Youtube-Kanal.

Herr Drotschmann, Sie stecken rund zehn bis 15 Stunden in die Produktion eines Videos für Ihren Youtube-Kanal „MrWissen2go“. Pro Stunde verdienen Sie so knapp fünf Euro. Was motiviert Sie, so viel Zeit in Youtube zu stecken?
Drotschmann: Bei Youtube ist man sehr nah an den Leuten. Man bekommt direktes Feedback durch Kommentare, kann in den Statistiken gucken: Wie kommt was an? Wenn man dann neue Videos machen will, ist es sehr hilfreich zu wissen, was die Leute interessiert und was nicht. Mit Youtube erreiche ich die Leute auf einer anderen Ebene, spreche sie direkt an. Das ist viel authentischer – Authentizität ist das starke Ding bei Youtube.

Herr Schück, sehen Sie sich manchmal Youtube-Videos an?
Schück: Ich gucke mir vieles auf Youtube an. Aus professioneller journalistischer Sicht finde ich das sehr interessant.

Was halten Sie von den „typischen Youtubern“, die tausende Teenager begeistern?
Schück: Wenn wir von typischen Youtubern sprechen, finde ich vieles schlecht gemacht, unlustig und unprofessionell. Das muss aber auch nicht der Anspruch sein. Ich respektiere Leute, die Videos auf Youtube hochladen, weil sie extrem kreativ sind. LeFloid ist nicht meins, aber ich finde ihn aller Ehren wert.

Herr Drotschmann, was halten Sie von solchen Youtubern?
Drotschmann: Ich bewundere alle Youtuber, die eine große Reichweite erzielen, egal mit was. Inhaltlich stimme ich nicht mit allem überein.

Der WDR hat das Projekt WDR #3sechzig gestartet. Dort versuchen Moderatoren, Youtuber zu imitieren, um bei jungem Publikum besser anzukommen. Was halten Sie davon?
Drotschmann: Es ist ein spannendes Projekt. Es ist nur ein bisschen schwierig, dass die Moderatoren Bildungsinhalte immer mit so einer Ironie rüberbringen wollen. Man kann das auch nüchtern machen und trotzdem spannend. Inzwischen ist das Projekt auf einem guten Weg. Es könnte aber noch ein bisschen authentischer sein – weniger Hochglanz.

Herr Schück, was sagen Sie zu dem Projekt?
Schück: Es ist extrem wichtig, gerade in den öffentlich-rechtlichen Bereichen mehr Quatsch auszuprobieren. Das machen viel zu wenige Leute, weil sie Angst haben, dass die Quoten zu schlecht werden. Deswegen sage ich den WDR-Kollegen, dass ich es super finde, dass das ausprobiert wird. Irgendjemand muss ja damit mal anfangen. Die Art und Weise spricht mich allerdings nicht so an. Ich weiß nicht so genau, wer zur Zielgruppe gehört. Ich weiß nur ganz sicher: Ich tue es nicht. Das Ganze birgt eine Chance, wenn alle mal so ein bisschen von ihrer gefühlt aufgesetzten Coolness runterkommen. Es kann mir keiner erzählen, dass alle 15-Jährigen auf dieser Welt immer nur zugeballert werden wollen, sondern sie wollen vielleicht auch mal Hintergrundberichte haben, und die können ruhig auch mal ein bisschen ruhiger erzählt werden.

Wie sollte Fernsehen für die jüngere Generation aussehen?
Schück: Es wird momentan ein neues Jugendangebot von ARD und ZDF aufgebaut. Wenn ein wie auch immer gearteter Jugendkanal sich nicht auf Youtube aufhalten würde, dann wäre er ja total bescheuert. Und mit einigen der Youtuber könnte man auch gut zusammen arbeiten. Wir haben hier zwei große Contentproduktionsplattformen. Die einen haben ein großes System dahinter und viel Geld. Die anderen haben eine Leichtigkeit und Leidenschaft, die sie sich bis jetzt bewahren konnten, vielleicht auch, weil sie nicht in diesem System unterwegs sind. Das heißt, Youtuber könnten von Wissen und Geld profitieren und die klassischen Fernsehredakteure von der Leichtigkeit der Youtuber.

Krapp: Herr Drotschmann, was glauben Sie, wie Fernsehen sich verändern muss?
Drotschmann: Fernsehen wird mehr noch darauf setzen müssen, dass es ein Lifemedium ist, ein Eventmedium. So wie z.B. für „Germanys next Topmodel“ oder irgendwelche Fußballspiele. Fußball ist auch der einzige Grund, warum ich noch Fernsehen gucke.

Krapp: Wird es klassisches Fernsehen auch in Zukunft noch geben?
Schück: Die Zukunft wird natürlich so aussehen, dass keine Sau mehr lineares Fernsehen braucht. Ich selber schau auch null Prozent lineares Fernsehen.

Drotschmann: Fernsehen wird nicht sterben, genauso wenig wie Radio gestorben ist.