Lustige Filmchen, Schminktipps, ganz viel Musik und Comedy – damit ist Youtube bekannt geworden. Doch es gibt auch Angebote, die versuchen, Nachrichten und politische Inhalte zu transportieren. Wirklich populär sind die meisten davon allerdings noch nicht. VON NORA KOLHOFF UND LOUISA SCHMIDT

 

Statt an einem Sprecherpult zu stehen, sitzt Moderator Marius Stolz auf einer Bierkiste. Als Teleprompter dient ein Tablet und hinter ihm an der Wand sind statt Weltkarte oder Politikerköpfen eine Reihe Star-Wars-Masken zu sehen. Wie in einem Nachrichtenstudio sieht es bei den Youtubern von „Was geht ab?!“ wahrlich nicht aus. Marius Stolz trägt Jeans, T-Shirt und Lederarmband – und seine Mimik ist lebendiger als die aller Tagesschau-Moderatoren zusammen.

Stolz ist einer der beiden Produzenten von Was geht ab?!, einem Youtube-Nachrichtenkanal für junge Leute. Zweimal täglich versorgen er und Arne Fleckenstein ihre knapp 300 000 Abonnenten mit einem Nachrichten-Update.

Youtube oder Fernsehen?

Jugendliche widmen sich dem Internet heute mehr als jedem anderen Medium, das besagt eine Onlinestudie von ARD und ZDF aus dem Jahr 2014. Danach sind die 14- bis 29-Jährigen täglich 233 Minuten online. Vor dem Fernseher sitzen die jungen Leute mit täglich 128 Minuten deutlich weniger. Zum Vergleich: Die Gesamtheit der Deutschen verbringt doppelt so viel Zeit vor dem Fernseher wie vor dem PC.

Fast die Hälfte der Zeit nutzen junge Menschen das Internet zur Kommunikation, das ergab die sogenannte JIM-Studie – Jugend, Information und (Multi-)Media – des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest von 2014. 13 Prozent der Zeit recherchieren sie gezielt nach Informationen, ansonsten wollen sie sich hauptsächlich unterhalten lassen. Youtube ist laut Studie das bei Jugendlichen beliebteste Angebot im Internet.

Der populärste Anchorman auf Youtube:

Diesen Wunsch nach Unterhaltung verknüpft Florian Mundt, besser bekannt als LeFloid, mit politischen Inhalten. In seinem Nachrichtenformat LeNews kommentiert er auf Youtube zwei Mal pro Woche das Weltgeschehen. Dabei haut der 27-jährige Moderator gerne auf den Putz, was seinen Zuschauern (in der Regel zwischen 16 und 24 Jahren alt) zu gefallen scheint: LeFloid ist der Star unter den mit politischem Anspruch auftretenden Youtubern. Er hat 2,6 Millionen Abonnenten, die Klickzahlen seiner Videos knacken fast immer die Millionenmarke.

Er arbeitet ohne Redaktion und gestaltet seine Einmann-Show bewusst subjektiv, manchmal polemisch. In einem Interview des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ bezeichnete er sich als Kommentator, auf seinem Kanal beschreibt er sich als „Youtuber aus Leidenschaft mit dem Hang zur eigenen Meinung und Spaß am Provozieren“. LeFloid nimmt kein Blatt vor den Mund – ob es um den IS, die Griechenlandkrise, die Homo-Ehe, Computerspiele, Netzthemen oder sein besonderes Hassobjekt, das Freihandelsabkommen TTIP, geht. Auf diese Art, sagt LeFloid, wolle er seine Zuschauer anregen, mitzudenken und sich eine eigene Meinung zu bilden. Reagieren tun sie auf jeden Fall – im Schnitt landen unter seinen Videos um die 15.000 Kommentare täglich.

Erreichen die „Politischen Youtuber“ihre Zielgruppe?

Politische Videos auf Youtube seien meist dann erfolgreich, wenn sie gleichzeitig humorvoll seien. Das sagt Till Keyling, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der die politische Kommunikation auf Youtube untersucht hat. Zwar ergab die Untersuchung, dass politische Videos zu den im Verhältnis zur Klickzahl am meisten kommentierten Formaten gehören. Die Forschungen ergaben allerdings auch, dass Videos zum Thema „Politik und Nachrichten“ bei den Studien-Teilnehmern mit etwa zwei Prozent aller angesehenen Youtube-Clips nur einen äußerst geringen Anteil haben.

Und nicht nur die Klickzahlen sind gering. Auch das Vertrauen, das die Jugendlichen Youtube als Nachrichtenquelle entgegenbringen, ist laut der JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest nicht groß.

Bei der Frage, welchem Medium sie bei widersprüchlicher Berichterstattung am ehesten vertrauen würden, landet Youtube weit hinten. Die große Mehrheit bezeichnet die Tageszeitungen als vertrauenswürdig. Unter den 14 Prozent, die dem Internet am meisten glauben, halten jeweils 16 Prozent Google und Spiegel Online für die verlässlichsten Quellen – und lediglich neun Prozent Youtube.

Außer LeFloid haben die politischen Youtuber also noch nicht den großen Durchbruch geschafft. Wird sich das in Zukunft ändern?